Ein olfaktorisches Konzert – 24. Februar 2017, 21 Uhr, 20 Uhr Einlass- „Damaskus – Berlin“  Maria Magdalena Wiesmaier: Cello; Nabil Hilaneh: Oud  – Fabio Dondero und Dominik Breider: Incense burning – Linde (Deutschland) und Cedrus Libani (Syrien) –  Palais im Roten Salon in der Volksbuehne, Berlin LINK VOLKSBUEHNE

 

Das Konzert inszeniert eine Begegnung zwischen klassischer arabischer und westlicher Musik. Die Berliner Cellistin Maria Magdalena Wiesmaier und der Oud-Spieler Nabil Hilaneh aus Damaskus erforschen im gemeinsamen Musizieren die Interaktionsmöglichkeiten zwischen ihren tonalen Welten.

Nabil studierte in Damaskus und Kairo. Eine wichtige Inspiration ist für ihn der irakische Oud-Meister Munir Bashir, der die traditionelle arabische Musik auf neue meditative und intensive Art weiterentwickelte. Maria studierte in Weimar und London und bewegte sich bisher in der westlichen Tradition vom ornamentierenden und (damals noch) improvisierenden Barock bis hin zur zeitgenössischen Musik von György Kurtag.

Ihr gemeinsames Projekt Damaskus-Berlin führt die beiden unterschiedlichen kulturellen und musikalischen Horizonte einander entgegen: die arabische Musiktradition, basierend auf Melodie und Improvisation unter Verwendung der Modulationsfolgen des Maqamat (die arabisch-türkischen Tonleitern) – und die klassisch-westliche Musiktradition, in der sich aus der frühbarocken Polyphonie allmählich die Dur-Moll-funktionale Tonalität herausbildete. Das eine System besteht bekanntlich aus 12 Tönen, das andere verwendet neben Halb- und Ganztonschritten auch Vierteltöne.

Aus der Spannung zwischen den beiden historisch gewachsenen Musiktraditionen lassen Maria und Nabil eine gemeinsame Sprache entstehen. Ihre Stücke sind eine Mischung aus Improvisation und Komposition, basierend auch auf der Erforschung des jeweiligen Klanges und Zusammenklanges von Cello und Oud. Es entsteht ein Dialog zwischen musikalischen Hintergründen und Lebensgeschichten, eine eigene, neue und zeitgenössische Musik.

Jan van Bijlert, Das Konzert

Maria Magdalena Wiesmaier

verbindet auf außergewöhnliche Art unterschiedliche musikalische Welten und entwickelt eigene Projekte, die klassische Musik in neuen Zusammenhängen präsentieren. Herausragende Resonanz bei Publikum und Presse erhielt ihr Projekt ”6xBach“, bei welchem sie die sechs Solo Suiten Johann Sebastian Bachs an verschiedenen architektonisch interessanten Orten Berlins und beim Mdr Musiksommer spielte. In Augsburg geboren, erhielt Maria Magdalena Wiesmaier mit sechs Jahren ihren ersten Cellounterricht. Sie studierte an der Hochschule für Musik ”Franz Liszt“ in Weimar und in London, wo Christopher Bunting (selber ehemaliger Schüler von Pablo Casals)und Raphael Wallfisch ihre Lehrer waren. Neben Solo und Kammermusikkonzerten in Europa und Japan, sowie Mitwirkung in diversen Festivals besteht eine lange Zusammenarbeit mit Klaus Maria Brandauer, den sie u.a. bei Lesungen im Burgtheater Wien, der Alten Oper Frankfurt und im Konzerthaus Berlin begleitet hat.

Nabil Hilaneh (Oud) 

studierte am Higher Institute of Music Damaskus und graduierte mit Auszeichnung. Während seines Studiums gewann er einen internationalen Wettbewerb zur Arabischen Oud im Libanon. Er vervollkommnete seine Studien bei Naseer Shamma und unterrichtete selbst an dem „House of the Arabic Oud“ in Kairo. Nabil Hilaneh konzertierte in Syrien und international und trat auch bei verschiedenen Festivals, wie etwa dem „Festival of the Arabic Oud“ in Kairo auf. Seit August 2014 lebt er in Berlin und konzertiert nun regelmäßig europaweit, als Solist und in verschiedenen Formationen, darunter das Ugarit Trio und das Duo Damaskus-Berlin (mit der Cellistin Maria Magdalena Wiesmaier.

Photo: Daniel Biskup

 

Tilia (Linde)

Sommerlinde, Tilia platyphyllos 1

Zwischen Juni und August blühen in Berlin die verschiedenen Lindenarten und versetzen die Stadt in Euphorie oder wenigstens in einen Zustand geminderten Missmuts. In Berlin wachsen vor allem Winterlinden (Tilia cordata), Sommerlinden (Tilia platyphyllos) und Holländische Linden (Tilia × europaea). Auf dem Boulevard „Unter den Linden“ sind allerdings südeuropäische Silberlinden (Tilia tomentosa) gepflanzt. 35% der Straßenbäume Berlins sind Linden. In den Bezirken Berlin-Mitte und Neukölln stehen allein jeweils 10.000, in Pankow und Charlottenburg-Wilmersdorf je 18.0002. Sie alle zusammen verändern für einige Wochen des Jahres mit einer geballten Ladung von Duftmolekülen den körperlichen, psychischen und mentalen Zustand der Menschen in der Stadt. 

Die Gattung der Linden (Tilia) gehört zur Familie der Malvengewächse (Malvaceae). Die Artenbestimmung und Altersbestimmung von Linden ist, wie es scheint, sehr schwierig. Man geht von etwa 20 bis 45 Lindenarten aus, die vor allem in den gemäßigten und subtropischen Zonen der nördlichen Hemisphäre wachsen. Der Stamm der Linde ist sehr austriebskräftig; aus seinem Inneren schlägt der alte Baum Wurzeln, die nach seinem Absterben eine neue Blätterkrone hervorbringen werden. „300 Jahre kommt sie, 300 Jahre steht sie, 300 Jahre vergeht sie.“, sagt der Volksmund. In der Tat können Linden wohl über 1000 Jahre alt werden. Zwei Drittel der alten Linden Europas stehen in Deutschland.4 Etliche berühmte Exemplare sind darunter, wie die Schenglensfelder Riesenlinde in Hessen, die Tanzlinde von Effeltrich in Oberfranken, die Gerichtslinde von Collm, die Kunigunnenlinde bei Kasberg, die 1200jährige Linde von Staffelstein in Bayern usw..

Reelkirchen, 1000jährige Linde

 

 

 

„Die Geister flüstern lauter – – die Linde haucht 

Mir tiefre Schauer–“ 

(Ludwig C.H. Hölty)

In Nordwestdeutschland stehen auf vielen ehemaligen mittelalterlichen Gerichtsplätzen „Thie-Linden“ oder „Blutlinden“, unter deren Armen zweimal im Jahr das Femegericht seine Urteile fand und vollstreckte (Thie-Plätze für die niedere Gerichtsbarkeit z.B. bei Diebstahl, Betrug und anderen Delikten von eher lokal beschränkter Relevanz und Thing-Plätze für Richtsprüche von regionaler Ausstrahlung und Kapitalverbrechen). Entscheidend gefördert wurde die Linde als historisches Symbol der Rechtsprechung auch durch den angelsächsischen Bischof Bonifatius und durch Karl den Großen, die durch Baumfällaktionen die heidnisch-germanischen Eichen entmachteten und durch christlich geweihte Linden austauschten.

Alte Linde nahe Hartmannshofer Tor

 

 Unter anderen historischen Vorzeichen blieben auch nachdem im 15. Jahrhundert die Femgerichte ihre Bedeutung verloren hatten die von 7 Linden umstandenen Femstätten Orte des sozialen Lebens. Im kühlenden Schatten und im betörenden Duft der weit ausladenden Blätterdächer fanden Versammlungen und Beratungen statt, wurden öffentliche Bekanntmachungen verlesen und natürlich wilde Feste gefeiert, manchmal sogar auf mehrstöckig in den Baum eingezogenen Dielen getanzt.

 „Fest- und Feiertage auf dem Lande, Kirchweihen und Jahrmärkte, dabei unter der Dorflinde erst die ernste Versammlung der Ältesten, verdrängt von der heftigern Tanzlust der Jüngern, und wohl gar die Teilnahme gebildeter Stände.“

Goethe, Dichtung und Wahrheit

Die juristische Wendung judicum sub tilia blieb langezeit in Gebrauch. So unterzeichnete Kurfürst August von Sachsen im 16. Jahrhundert seine Verordnungen mit der dekretorischen Formel: „Gegeben unter der Linde“.5 An der Göttinger Gerichtslinde wurde am 20. Januar 1859 die letzte öffentliche Hinrichtung durch das Schwert in Norddeutschland vollzogen. Die Dienstmagd hatte den Bäckermeister Siebert, der ihr die Ehe versprochen hatte, vergiftet. Zur Abschreckung mussten alle Dienstboten aus Göttingen und dem Umland der Exekution beiwohnen. 1870 fand im Harz das letzte in Deutschland dokumentierte Gericht unter Bäumen statt.

Diebold Schilling, Dorfgericht (1513)

 

Veit Stoß, Hochaltar Marienkirche Krakau (1489). Figuren aus 500 Jahre alten Lindenstämmen (Foto:Robert Breuer)

 

 

Cedrus libani (Libanonzeder)

 

Die Libanon-Zeder (Cedrus libani), wächst vor allem entlang der Mittelmeerküste Süd- und Südwestanatoliens, im Libanon, dessen Wahrzeichen sie ist, und auf den Höhenlagen des Dschebel Aansariye in Syrien.  Sie ist ein immergrüner Baum, der Wuchshöhen von 30 bis 50 Meter erreicht und über 1.000 Jahre alt werden kann.

Die größte und älteste Zeder Deutschlands (gepflanzt ca. 1720, Stammumfang 5,20 Meter) steht in Weinheim. Auf der Pfaueninsel wachsen übrigens eine berühmte Libanonzeder (ein Mitbringsel Wilhelm II. aus dem Osmanischen Reich) und eine alte Winterlinde (die sogenannte „Doppellinde“) unweit voneinander.

Schon das frisch geschnittene Holz der Libanonzeder duftet aromatisch. In Babylonien unter Hammurabi und in Ägypten kannte man Verfahren, um das ätherische Öl aus dem Kernholz des Baumes zu gewinnen. Herodot und Diodor zufolge wurde es u.a. zur Einbalsamierung der Toten verwendet.

Wie der Löwe in der Welt der Tiere so war die Zeder der „Prinz der Bäume“. Das Kopfende des Kreuzes, an dem Jesus Christus gehängt wurde, bestand nach der biblischen Symbolik aus Zedernholz (Quer- und Fußbalken aus Zypresse und Olive). In der Ikonographie des christlichen Mittelalters ist die Zeder der Mutter Gottes zugeordnet. Den Propheten galt sie als Symbol der Unvergänglichkeit. Und im Libanon sollen in der Tat noch uralte Exemplare aus der Zeitenwende stehen.

 

Das ursprünglich natürliche Verbreitungsareal ist im Libanon heute durch Übernutzung nur noch 2.000 Hektar groß. Für die Erzgewinnung im jordanischen Fenan kam es schon in vorbiblischer Zeit zu einer maßlosen Rodung der Zedernwälder. Hesekiel warnt vor dem Raubbau. Zum Bau seines Tempels schickte König Salomo angeblich zehntausende Israeliten in den Libanon, um König Hiram von Tyrsos beim Holzfällen zu unterstützen. Phönizier, Ägypter und später Griechen benutzen die Zeder zum Flottenbau.

Das 67m lange Opferschiff Ramses III. ist aus Libanonzeder gebaut. Legendär ist auch die Reise Wen-Amons nach Byblos, um dort Zedernholz für die Barke des Amon-Re zu organisieren. Thutmosis III. importierte aus der Region Syrien-Palestina (Retenu) die Duftessenz „Khor“, die auf vielen Inschriften genannt wird und hinter der sich (u.a.) auch der Duft der Libanonzeder verbergen könnte. Und ismaelitische Kaufleute brachten verschiedene Duft- und Räucheressenzen aus Gilead nach Ägypten. Der mythische Vogel Benu, der sich zur Dämmerung in Gestalt eines Falken niederläßt, um in der Morgenröthe als Reiher wiedergeboren zu werden, steht in Verbindung mit der Zeder. In hellenistischer Zeit erschien dieser Vogel wieder als Phönix, der, wenn er alt ist, aus Balsam und Weihrauch sein Nest zusammenträgt, um sich dort zu verbrennen.

„Am Kronprinzen wächst eine köstliche Zeder heran.“

(Schubart)

„Heimlich hab ich wol einen Man,

dort under der Linden also breit

da schwur er mir ein hohen Eid.“

(Unter der Linde, Volkslied)

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2www.stadtentwicklung.berlin.de/umwelt/stadtgruen/stadtbaeume/de/daten_fakten/downloads/ausw_139.pdf

4 Michel Brunner, Bedeutende Linden: 400 Baumriesen Deutschlands, Stuttgart Wien, Haupt Verlag 2007

5 www.uni-goettingen.de/de/thing–und-gerichtslinde/41768.html